Stakeholder
Stakeholder
Die Stakeholderanalyse und das Stakeholdermanagement sind für alle Projekte wichtig und sollten in jedem Fall erstellt werden. Es stellt sich nur die Frage:”in welchem Maße?”
Das hängt individuell von jedem Projekt ab.
Für Projekte mit großem Kapital- und Zeitinvestment oder für strategisch relevante Projekte sollte eine möglichst umfassende Stakeholderanalyse erstellt werden. Damit kann man ein organisiertes Stakeholdermanagement durchführen und so diverse Risiken minimieren.
Für kleine Projekte sollte mindestens eine Liste der wichtigsten Stakeholder erstellet werden. So kann man sicherstellen, dass in der Projektvorbereitung eine solide Kommunikationsbasis erschaffen werden kann. In der Projektinitiierungsphae kann anhand der Stakeholderliste der Kommunikationsplan vollständig erstellt werden.
In allen Fällen solltest Du Dir als Projektleiter diesen Beitrag durchlesen und abhängig vom Projektumfang (oder Projekteigenheiten) entscheiden in welchem Umfang Du die Stakeholder identifizierst und managest.
Was ist ein Stakeholder?
Stakeholder sind Personen oder Personengruppen, die grundsätzlich ein berechtigtes Interesse am Projekt und dem Projektergebnis haben in irgendeiner Weise vom Projekt und dem Projektergebnis betroffen sind den Anspruch haben, Einfluss auf das Projekt und das Projektergebnis zu nehmen. Du siehst, es geht also um Interessen und Ansprüche. Stakeholder nennt man deshalb auch oft Interessengruppen oder Anspruchsgruppen.
Soviel zur Theorie. Machen wir´s mal ganz konkret und schauen uns 2 Beispiel-Projekte an. So wird dir sicher schnell klar, was ein Stakeholder ist.
Beispiel-Projekt: Einführung einer neuen Call-Center-Software
- Auftraggeber (Leiter Call-Center)
- Softwareentwickler
- Softwaretester
- Anwendungsbetrieb (verantwortliche interne IT)
- Anwender (Mitarbeiter des Call-Center)
- externer Systemlieferant
- …
Beispiel-Projekt: Bau eines neuen Vereinsheims
- Auftraggeber (Sportverein)
- Auftragnehmer (Bauunternehmen)
- Anwohner der Baustelle (angrenzende Nachbarn)
- Architekt
- Bauamt
- Vereinsmitglieder
- …
Sicher fallen dir spontan noch weitere Personen oder Personengruppen ein, die zu den Beispielen passen. Solche Stakeholderlisten lassen sich fast ins Unendliche treiben.
Aber nicht erschrecken: Nicht jeder Stakeholder ist gleich wichtig. Später wirst du noch sehen, wie du mit verschiedenen Stakeholdern umgehen kannst.
Wofür die Stakeholderanalyse im Projektmanagement erforderlich ist
Was ein Stakeholder ist, hast du jetzt kennengelernt.
Jetzt fragst du dich sicher:
- Weshalb soll ich mich denn mit diesen ganzen Personen im Projektmanagement beschäftigen?
- Welchen Nutzen hat die Stakeholderanalyse für mein Projekt?
Gleich mal vorweg: Du sollst dich nicht den Stakeholdern beschäftigen – du musst! Stakeholder können das Projekt zum Scheitern bringen, aber es auch entscheidend voranbringen.
In der Stakeholderanalyse geht also darum, dass du
- mögliche Unterstützer und Promoter für dein Projekt erkennst
- Hindernisse und Widerstände, die von bestimmten Personen ausgehen könnten, frühzeitig im Blick hast
- mögliche Gegner findest
- mögliche Betroffene nicht übersiehst und ins Boot holst
- die individuellen Ziele der einzelnen Stakeholder vollständig erfasst
Wenn du diese Punkte bei der Analyse der Interessen- und Anspruchsgruppen im Blick hast, dann ergibt sich daraus unmittelbar der Nutzen der Stakeholderanalyse im Projektmanagement. Sie ist nämlich deine Grundlage für:
- die Durchführung des Stakeholdermanagements
- die Erstellung eines Kommunikationsplans, um die Informationspolitik zu den einzelnen Stakeholdern zu bestimmen
- das Aufsetzen des Projektmarketings
- die Planung und Durchführung des Risikomanagements
Du benötigst die Stakeholderanalyse also, um festzustellen, welche Personen und Personengruppen auf dein Projekt Einfluss haben. Und noch viel wichtiger: Wie du mit diesem Einfluss, da dieser nicht immer positiv sein muss, umgehen willst.
Wo kannst Du Stakeholder finden?
Du kannst dich deshalb beim Sammeln der Personen- und Personengruppen von folgenden Fragen leiten lassen:
- Wer arbeitet aktiv im Projekt mit?
- Wer hat Interesse am Projektergebnis?
- Wer finanziert das Projekt?
- Wer muss mit dem Projektergebnis leben?
- Wer hat Bedenken gegen das Projekt?
- Wer hat Nachteile vom Projekt
- Wer legt die Rahmenbedingungen für das Projekt fest?
- …
Diese Frageliste lässt sich beinahe ins Unendliche fortsetzen.
Wichtig ist, dass du das Prinzip verinnerlichst: Jeder der in irgendeiner Form vom Projekt betroffen ist oder sein könnte ist ein potenzieller Stakeholder.
Aber gerade weil sich diese Liste ins Unendliche treiben lässt ist eines sehr wichtig: Finde das richtige Maß. Dafür gibt es kein Patentrezept. Gehe einfach mit gesundem Menschverstand an die Sache ran.
Stakeholderbewertung
Jetzt weißt du, wo du Stakeholder finden kannst. Als nächstes sehen wir uns an, wie du Stakeholder einteilen und bewerten kannst.
Du wirst dich sicher fragen: Wieso überhaupt Stakeholder einteilen und bewerten?
Das ist ganz einfach: Du kannst, musst und sollst nicht jeden Stakeholder gleich behandeln.
Oder anders ausgedrückt: Unterschiedliche Stakeholder brauchen unterschiedliche Maßnahmen.
Du stellst dir deshalb bei der Einteilung und Bewertung der Interessen- und Anspruchsgruppen vor allem 2 Fragen:
- Ist der Stakeholder positiv oder negativ zu meinem Projekt eingestellt?
- Welchen Einfluss hat der Stakeholder auf mein Projekt?
Die Einteilung und Bewertung mündet zum Schluss der in der Stakeholdermatrix. Diese wird auch oft Stakeholderportfolio genannt.
Ich nehme es ein wenig vorweg. Diese Matrix kombiniert die Einteilung und Bewertung der Stakeholder mit Strategien zum Umgang mit den verschiedenen Personen- und Personengruppen.
Wie eine solche Matrix am Ende aussieht, findest du im Kapitel zum Stakeholdermanagement
Davor schauen wir uns aber noch 3 Dinge an:
- Die Einteilung bei der Einstellung des Stakeholders zum Projekt
- Die Einteilung beim Einfluss des Stakeholders zum Projekt
- Bewertung von Einstellung und Einfluss des Stakeholders zum Projekt
Hinweis: In der Praxis erfolgt die Einteilung und Bewertung normalerweise parallel. Fürs bessere Verständnis zeige ich es dir hier in 3 Schritten.
Einstellung des Stakeholders zum Projekt
Bei dieser Frage schaust die dir an, ob der Stakeholder deinem Projekt gegenüber gut aufgelegt oder auf Krawall gebürstet ist.
Wie kann nun die Einstellung der Person- oder Personengruppe zu deinem Projekt sein?
Es gibt 3 Möglichkeiten:
- Positiv: Diese Personen sehen dein Projekt positiv. Wahrscheinlich haben auch sie etwas davon und werden es deshalb unterstützen.
- Neutral: Diese Personen interessieren sich wahrscheinlich nicht sonderlich für dein Projekt. Sie werden es nicht unterstützen, aber sich dir auch nicht in den Weg stellen.
- Negativ: Diese Personen sehen dein Projekt negativ. Wahrscheinlich erleiden Sie dadurch irgendwelche Nachteile für sich selbst. Du kannst davon ausgehen, dass es zu Konflikten kommen wird.
Einfluss des Stakeholders auf das Projekt
Bei dieser Frage schaust du dir an, welchen Einfluss ein Stakeholder auf dein Projekt ausüben kann.
Eng damit verbunden ist der Begriff Macht. Es ist erst einmal egal, ob eine Person positiv, neutral oder negativ zu deinem Projekt eingestellt ist. Um die individuellen Interessen durchzusetzen und überhaupt Einfluss zu nehmen braucht es Macht.
Du fragst dich also: Welche Macht hat ein Stakeholder, um seine Interessen durchzusetzen?
Und je nachdem, wie seine Einstellung ist:
- Was wird der Stakeholder tun, um das Projekt positiv zu beeinflussen?
- Was wird der Stakeholder tun, um das Projekt negativ zu beeinflussen?
Bewertung von Einstellung und Einfluss des Stakeholders auf das Projekt
Nachdem du die Stakeholder anhand der Dimensionen Einstellung und Einfluss auf das Projekt eingeteilt hast, folgt dritter Schritt die Bewertung.
Dafür legst du einfach eine Zahl bzw. eine Gewichtung für für die einzelnen Bewertungskriterien fest. Mit diesen Zahlen hast du die Möglichkeit, die Kriterien etwas feiner abzustufen
Stakeholdermanagement:
Oben hatten wir es bereits angesprochen. Die Einteilung und Bewertung der Stakeholder mündet zum Schluss in der Stakeholdermatrix oder auch dem Stakeholderportfolio.
In der Grafik kannst du sehen, wie eine solche Stakeholdermatrix aussieht.
Die Interessen- und Anspruchsgruppen sind dort anhand deiner Einteilung und Bewertung abgebildet. Du siehst also auf einen Blick,
- wie die Einstellung zum Projekt ist und
- wie stark die Macht / der Einfluss auf das Projekt ist.
Wir hatten ja oben auch schon festgehalten: Du kannst, musst und sollst nicht jeden Stakeholder gleich behandeln.
Sicher wird dir nun auch klar, weshalb das so ist. Stelle dir dazu einfach beispielhaft mal folgende Fragen:
- Macht es Sinn einen negativ eingestellten Stakeholder zu beachten, wenn er überhaupt keinen Einfluss auf dein Projekt hat?
- Willst du viel Zeit in eine Person stecken, die dein Projekt zwar positiv sieht, aber nicht die Macht hat dich zu unterstützen?
- Kannst du dir vorstellen eine Person links liegen zu lassen, die dein Projekt absolut negativ sieht und eine immense Macht hat, um deinem Projekt zu schaden?
- Was ist mit Personen, die sich auf das Projektergebnis freuen, es also positiv sehen und dazu noch einen großen Einfluss ausüben können? Es könnte sich lohnen hier etwas mehr Zeit zu investieren, oder?
Und genau dafür ist das Stakeholderportfolio ideal: Du siehst auf einen Blick, mit welchen Personen- und Personengruppen du es in deinem Projekt zu tun hast.
Und damit bist du beim Stakeholdermanagement angekommen: Das Portfolio deine Grundlage, damit du planen kannst, wie du die Stakeholder managen möchtest.
Es gibt dafür 4 Strategien, je nachdem wo sich Einstellung und Einfluss im Stakeholderportfolio kreuzen:
- Eng managen: Positive Einstellung / hohe Macht
- Informieren: Positive Einstellung / geringe Macht
- Zufriedenstellen: Negative Einstellung / hohe Macht
- Überwachen: Negative Einstellung / geringe Macht
Eng managen
Hier hast du es mit Personen zu tun, die eine positive Einstellung zu deinem Projekt haben. Dazu haben Sie auch hohe Macht und können entsprechenden Einfluss ausüben.
Bingo. Das sind die Key Player, Unterstützer und Influencer, die dein Projekt voranbringen können.
Wie aber kannst du diese Personengruppe eng managen und was heißt das genau?
Du sollst diese Gruppe aktiv in dein Projekt einbinden und als Partner betrachten. Das heißt, dass diese Personen
- beim Projekt mitbestimmen können, dürfen und sollen
- regelmäßig von dir über das Projekt und dessen Verlauf informiert werden
- aktiv von dir in das Projektmarketing eingebunden werden
Eng managen sagt es hier schon deutlich aus. Du wirst viel Zeit und Aufwand für das Management dieser Stakeholder brauchen.
Aber das ist ok, es lohnt sich. Diese Personen bringen dir vor allem folgende Vorteile mit:
- Als Fürsprecher erhöhen Sie die Akzeptanz des Projekts.
- Als motivierte Unterstützer verhelfen sie dem Projekt zum Erfolg.
Nochmal kurz und bündig: Diese Stakeholder beteiligst du an so ziemlich allem, was das Projekt betrifft.
Ähnlich verhält es sich mit den Maßnahmen. Tue alles was nötig ist, um diese Stakeholder bei der Stange zu halten.
Wahrscheinlich werden diese Personen dein Auftraggeber oder dein Kunde sein
Informieren
Diese Personen haben eine positive Einstellung, aber geringe Macht.
Diese Stakeholder haben nur sehr wenig oder gar nichts mit deinem Projekt zu tu. Eine aktive Mitarbeit findet nicht statt.
Was kannst du hier tun? Informieren lautet das Stichwort. Dafür eignen sich besonders gut:
- Wikis
- Newsletter
- Statusmeldungen
- Projektberichte
Zufriedenstellen
Jetzt kommen wir zu Personen, die eine negative Einstellung und dazu eine hohe Macht haben.
Du hast es sicher schon erkannt: Das ist keine gute Kombination. Hier ist besondere Vorsicht geboten.
Zufriedenstellen lauter hier die Devise.
Im Gegensatz zum eng managen beteiligst du diese Personen nicht aktiv am Projekt. Dennoch hörst du dir regelmäßig die Meinung dieser Stakeholder an und bringst sie, wenn notwendig, in das Projekt ein.
Besonders gut zum Zufriedenstellen eignen sich:
- zyklische Statusmeetings
- regelmäßige Feedbacks bzw. Umfragen
- Verhandlungen
Nochmal kurz und bündig: Diese Stakeholder sind mit Vorsicht zu genießen. Behalte sie im Auge!
Wie du bei der Durchführung Stakeholderanalyse am besten vorgehst
In den vorigen Abschnitten hast du gelernt, wo du Stakeholder finden kannst, wie du sie einteilst und bewertest und, welche Strategien es im Umgang mit den Interessen- und Anspruchsgruppen gibt und weshalb du Monitoring betreiben musst.
Jetzt geht es noch daran, wie du am besten vorgehst, wenn du die Stakeholderanalyse durchführst.
Das machst du am besten in folgenden Schritten:
- Analyseteam festlegen: Analysierst du alleine oder Team? Ich empfehle dir ein Analyseteam festzulegen. Mehr Köpfe wissen mehr.
- Analysemethoden festlegen: Mitwelchen Methoden möchtest du die Analyse durchführen? Hier bieten sich die Untersuchung an, falls du alleine arbeitest. Als Gruppenmethode ist Brainstorming zu empfehlen.
- Stakeholder sammeln: Sammle die Stakeholder anhand der festgelegten Analysemethoden erst mal unstrukturiert und liste sie auf. Setze hier erst mal keine Beschränkung. Streichen kannst du später immer noch, falls sich herausstellt, dass die Liste zu umfangreich war.
- Stakeholder einteilen und bewerten: Ordne dann die Liste und führe die Einteilung und Bewertung der Stakeholder durch. Richte dich dabei, wie oben beschrieben, an den Dimensionen Einstellung zum Projekt und Einfluss auf das Projekt aus.
- Stakeholderanalyse – Maßnahmen festlegen: Führe dann die eigentliche Analyse durch und lege Maßnahmen fest, wie du mit den einzelnen Stakeholdern umgehen und diese managen möchtest.
- Stakeholdermonitoring durchführen: Lege gleich fest, wie oft du deine Stakeholderanalyse im Projekt wiederholen möchtest und terminiere das. Bei der zyklischen Überprüfung, kannst du je nach Bedarf, die Punkte 1 – 5 nochmal durchlaufen.
Überwachen
Hier hast du es mit Personen zu tun, die eine negative Einstellung haben, aber geringe Macht.
Ähnlich wie beim Informieren haben diese Personen nur sehr wenig oder gar nichts mit deinem Projekt zu tun. Eine aktive Mitarbeit findet nicht statt.
Das heißt, dass du auch diese Stakeholder informierst. Dafür kannst du die gleichen Maßnahmen ergreifen:
- Wikis
- Newsletter
- Statusmeldungen
- Projektberichte
Eine Kleinigkeit kommt bei negativ eingestellten Stakeholder mit geringer Macht aber dazu.
Die Strategie heißt hier überwachen. Das kannst du dadurch erreichen, dass du einen geringen Anteil oder einen Meinungsbildner dieser Gruppe regelmäßig mit in stattfindende Meetings einlädst oder in größeren Abständen Feedback einholst.